Der Markusplatz wurde von Napoleon treffend als “gute Stube von Europa” bezeichnet. Hier können Besucher in einem der eleganten Kaffeehäuser aus dem 18. Jahrhundert - Florians oder Caffe Quadri - sitzen, deren Tische aus dem Schatten der Renaissance-Kolonnaden in den sonnendurchfluteten Platz ragen, und Europas ungewöhnlichste Kirche betrachten, die goldene Basilica di San Marco im byzantinischen Stil.
Die Basilika wurde im 9. Jahrhundert als Schrein für die Reliquien des Heiligen Markus errichtet, dessen Leichnam man in einem Fass mit gepökeltem Schweinefleisch aus Alexandrien geschmuggelt hatte. Die ehemalige Privatkapelle der Dogen wurde im 11. Jahrhundert nach einem Brand völlig neu wieder aufgebaut. Der Grundriss bildet die Form eines griechischen Kreuzes und die orientalische Erscheinung der Kirche wird durch goldene Mosaiken im Äußeren und Inneren der Basilika noch verstärkt. Die Mosaike entstanden am byzantinischen Hof in Ravenna. Um herauszufinden, wie die Kirche im Jahr 1260 aussah, sollten Besucher sich das Mosaik über dem linken Portal anschauen, das eines der ältesten erhaltenen Mosaiken der Fassade ist. An der Fassade befinden sich außerdem Kopien von vier Bronzepferden, die bei der Eroberung von Konstantinopel 1204 von Konstantins Hippodrom erbeutet wurden und nun eines der Wahrzeichen von Venedig sind. Die Originale werden im Museo Marciano in der Kirche gezeigt.
Das Kircheninnere, das von der Pracht der goldenen Mosaike erstrahlt, beherbergt zahlreiche von Venedigs größten Schätzen. In der nördlich des Hauptaltars gelegenen Kapelle befindet sich die verehrte Ikone der Madonna Nicopeia. Sie wurde einst von den römischen Kaisern in Konstantinopel angebetet und kam 1204 nach Venedig als Siegesmadonna, deren Segen entscheidend für die militärischen Unternehmungen der Venezianer war. Der goldene Schrein hinter dem Hochaltar, in dessen Krypta der Heilige Markus beigesetzt sein soll, ist die Pala d'Oro. Der mit Saphiren, Smaragden und Rubinen besetzte und mit Emailleintarsien aus Konstantinopel geschmückte Schrein wurde von Pietro Orseolo in Auftrag gegeben, dem Dogen, der auch die Basilika wiederaufbauen ließ. Vor dem Verlassen der Kirche sollte man kurz innehalten, um den Bodenbelag aus dem 12. Jahrhundert zu bewundern, ein prächtiges Mosaik aus Glas und Marmor. Die zahlreichen Unebenheiten sind ein passendes Sinnbild für Venedigs Dilemma als Stadt, die unter der Last ihrer Geschichte im Meer zu versinken droht.